Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung
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Heft 15, September 1993, 04. Jhrg

Editorial

Wer Schwerpunktthemen formuliert und plant, ist immer wieder veranlaßt, sich einem Realisierungstest zu unterwerfen. Zuerst stellt die Redaktion natürlich fest, daß die Sache viel besser geworden wäre, wenn alles, was angefordert und auch zugesagt worden war, auch gekommen wäre. Aber des Schicksals Mächte greifen immer wieder ein und so bleibt dann nur ein Torso übrig. Aber, wenn gut geplant war, dann sollten auch am Torso die Hauptkonturen erkennbar sein.

"Macht und Herrschaft des Metropolenkapitalismus heute" ist wohl kaum hinreichend ohne die neuen Realitäten der Medien, des Konsumismus, der Okkupation der Kultur und Kommunikation durch das Kapital erfaßt, ganz abgesehen von den harten sozialökonomischen Strukturen, die traditionell eine Domäne marxistischer Analyse sind. Defizitanalysen sind gegenwärtig noch immer en vogue. Aber nicht darum geht es uns hier, sondern um die Benennung von Problemen, deren Erörterung sich Z in der Zukunft zu widmen haben wird. Wir eröffnen also mit diesem Schwerpunkt das Programm der nächsten Z-Jahrgänge.

Am Anfang von Z 15 steht der Beitrag von Hans Preiss zum Zustand der Gewerkschaften, eine Erörterung des Zentralbereichs des potentiell veränderungsmächtigen Subjekts - von der Hauptströmung der linken Intelligenz heute "abgehängt", aber als Tatsache immer wieder präsent.

Den eigentlichen Schwerpunkt beginnen wir mit einer Übersicht von Prof. Hayasaka über Japan, die nicht zuletzt auch die Leistungsfähigkeit der Stamokap-Konzeption demonstriert. Wir hoffen, daß wir in den nächsten Ausgaben analoge Beiträge über die USA und die BRD veröffentlichen können. Japan ist also auch in dieser Triade der dynamische Faktor und es wäre nur zu wünschen, daß sich in Zukunft eine engere Kooperation deutscher und japanischer Marxisten und Marxistinnen ergeben könnte.

Harte Strukturen behandeln die Beiträge von Seppmann und Helms. Ruf und Berndt gehen auf neue Züge der internationalen Herrschaft des Metropolenkapitalismus ein, die von höchster Aktualität sind. An ihnen, so unsere These, wird sich hierzulande eine neue kämpferische und konsequente Opposition formieren.

Wir freuen uns, daß wir unseren Leserinnen und Lesern mit den Darlegungen von Hermann Klenner über Grund- und Menschenrechte den Text eines der anregendsten Intellektuellen der früheren DDR und des heutigen Anschlußgebietes vorlegen können. In den Anmerkungen seines Kollegen Detlef Joseph zu Jürgen Habermas reflektieren sich die aktuellen Erfahrungen mit Macht und Herrschaft, in denen sich die Grundthesen marxistischer Staats- und Rechtstheorie bestätigt sehen können. Dammaas Beitrag über die Berufsverbote ist geprägt durch das Bemühen des Anwaltes der Betroffenen, der gegen autoritäre Herrschaft die Tendenz toleranten Verhaltens fördern möchte.

Böke und Collmer stellen die Lesarten bedeutender durch den Marxismus beeinflußter französischer Theoretiker zu unserem Thema vor. Es handelt sich um durchaus unterschiedliche und in der Konsequenz wohl auch gegensätzliche Ansätze zur Interpretation von Macht und Herrschaft. Hier sind die eigentlichen großen Themen vorgezeichnet, denen sich marxistisches Denken und das Bemühen um marxistische Erneuerung heute zu stellen hätten.

Wir schließen den Schwerpunkt mit einem Beitrag des progressiven österreichischen Sozialwissenschaftlers Rupert Herzog, der die reale Alternative im heutigen Metropolenkapitalismus in Anlehnung an Marx/Engels und Rosa Luxemburg auf den Punkt bringt.

Neben der Stellungnahme von Wolf wird die Fortsetzung unserer Nationalismus-Diskussion von Z 14 nun durch die "Logistik" bestritten: Ein Konferenzbericht (Reusch) und eine Sammelrezension (Stellenach) beleuchten das Terrain, das die Linke eingenommen hat.

Grieger zeigt die Konsequenzen der relativierenden Historikerdebatte über den Nazismus und bezieht vehement Position. Peters betriebssoziologischer Exkurs bringt Basisveränderungen zur Sprache. Seine Thesen verdienten in Zukunft besondere Beachtung.

Unsere Rubriken sind wieder vollständig. Wir hoffen, daß die Kritiken und Zuschriften zu weiteren Interventionen herausfordern. Dies macht Zeitschriften wie Z erst lebendig, obwohl der Vierteljahresturnus der Diskussion nicht unbedingt förderlich ist.

Unsere Rezensionsrubrik findet da und dort Anerkennung. Wir hoffen, daß wir auch in Z 15 unseren Kriterien ( Publikationen von Marxistinnen und Marxisten und von linken Verlagen, Themen zur Linken und zur Arbeiterbewegung, Titel zum Schwerpunktthema, bedeutsame Titel der politischen sowie der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Diskussion) gerecht werden konnten.

Wir hoffen, daß auch die vorliegende Ausgabe von Z interessierte Leserinnen und Leser findet und Anregungen zur Bewältigung der Situation zu vermitteln vermag.

Am 19. Juni 1993 tagte zum zweiten Mal der Z-Redaktionsbeirat. Dabei wurden die Vorlagen der Redaktion für die nächsten Ausgaben gebilligt. Unerschiedliche Positionen artikulierten sich zum Thema "Was ist heute marxistische Erneuerung?" und wie wird Z ihren in der Plattform von 1990 formulierten Ansprüchen gerecht. Die Positionen reichten von der Ansicht, Erneuerung sei heute vor allem das Vermögen, den Marxismus zur Analyse der Realität anzuwenden, bis zur Meinung, daß die neuen Themen zur Neuformulierung der marxistischen Doktrin führen müßten. Wir hoffen, daß die Meinungen in der Rubrik Standpunkte vorgetragen und für die Entwicklung von Z produktiv werden können. Wir fordern unsere Leser zur Beteiligung auf.

Sein durch berufliche Beanspruchung bedingtes Ausscheiden ist für uns Anlaß, unserem bisherigen Redaktionsmitglied Johannes Henrich von Heiseler für sein Engagement herzlich zu danken. Seinen Platz wird Reinhard Schweicher, Frankfurt/Main, einnehmen. Für den 5. Jahrgang, also ab 1.1.1994, haben die Herausgeber die Erweiterung der Redaktion beschlossen. Sie wird auch deshalb erforderlich, weil unser bisheriger Koordinator Klaus D. Fischer dieser Aufgabe nicht mehr nachkommen kann, gleichwohl aber Mitglied der Redaktion bleibt. Zur bisherigen Redaktion kommen hinzu Andre Leisewitz und Jürgen Reusch, die die Koordination übernehmen werden, sowie Henning Böke, Doktorand der Philosophie aus Frankfurt/Main. Über die Arbeitsteilung in der Redaktion werden wir in Z 16 berichten.

Über die Thematik von Z 16 informieren wir in der Vorschau. Für die Realisierung ist Heinz Jung verantwortlich. Der Schwerpunkt für Z-17, März 1994 ( "Anthropologische Lücke im Marxismus?") wurde durch den Beirat und die Hrg. bestätigt. Vorbereitung und.. Realisierung haben Henning Böke und Klaus D. Fischer übernommen. ber die weiteren Themen für 1994 informieren wir in Z-16.

Der "hündische Kommerz" (Engels) ist unser ständiger Begleiter, was uns veranlaßt, alle säumigen Z-Bezieher eindringlich um die Begleichung noch offener Rechnungen zu bitten.

Wir müssen auch darüber berichten, daß es uns nicht gelungen ist, das Konzept einer Mengenkonjunktur zu verwirklichen und damit die steigenden Kosten abzufangen. Dies lag weniger an unserem Unvermögen, als an den derzeitigen sozialen und politischen Umständen. Z hatte auch beachtliche Umschichtungen ihrer Leserschaft zu verkraften, sodaß am Schluß nur eine leichte Abo-Zunahme verbucht werden konnte. Trotzdem konnten wir bis jetzt die Preise von 1990 halten. Jeder weiß, wie vor allem 1993 die Post zugeschlagen hat und die Kosten gestiegen sind. Wir sind deshalb zur Sicherung des Projektes veranlaßt, ab 1.1.1994 alle Z-Preise um 20 Prozent zu erhöhen ( neuer Einzelheftpreis: 18.- DM, neuer Inlandsabopreis: 54. DM, neuer Auslandsabopreis 60, DM). Wir bitten unsere Bezieherinnen und Bezieher sehr herzlich um ihr Verständnis und ihre Akzeptanz.

Trotz unseres non-profit-Charakters sind wir in unserer ökonomisch-finanziellen Existenz also durchaus ein konformes Element dieser Gesellschaft. Dieses "Zwangsgesetz" wird nur mit einen Aufschwung der marxistischen Linken, der sich auch in zunehmenden Verkaufsziffern niederschlägt, zumindest partiell zu durchbrechen sein.

 
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